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Kindeswohlgefährdung

Rechtliche Rahmenbedingungen

Das Recht auf gewaltfreie Erziehung ist seit 2000 im BGB verankert.

(§ 1631 BGB Inhalt und grenzen der Personensorge)

(…)

(2) Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung.

Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende
Maßnahmen sind unzulässig.

(…)

 

Rechtsnormen sind auf abstrakte Formulierungen angewiesen und sind daher eher unscharf. Durch die eigene Auslegung gewinnt der Rechtsbegriff an Schärfe; dabei wird jedoch der Einzelfall bewertet.

  • die Letztentscheidungskompetenz liegt bei den Gerichten

Die Rechtsprechung versteht unter Gefährdung:

eine gegenwärtige in einem solchen Maß vorhandene Gefahr, dass sich bei der weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt“

(BGH FamRZ 1956, S. 350 = NJW 1956, S. 1434)

`Kindeswohl´ definieren Eltern für sich und ihre Kinder eigenständig, da „in aller Regel Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person oder Institution“ (BV erfGE, 59, 330, <376>)

Elternrecht und staatliches Wächteramt (=Jugendamt und Familiengericht):

Artikel 6 Grundgesetz

(…)

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(…)

Es gilt:

  • ein Minimum an staatlichen Eingriffen in die Eltern-Kind-Beziehung (Selbsthilfepotential)

  • Kindeswohl vor Elternrecht bei Kindeswohlgefährdung

  • Staatliches Wächteramt: Gefahren abwehren, wenn elterliches Pflege- und Erziehungsversagen eine Kindeswohlgefährdung nach sich zieht.

     

Rechtliche Regelungen:

§ 8a SGB VIII (seit 1.10.2005)

§ 42 Abs. 6 SchulG NRW (seit 1.8.2006)

ZIELE

  • Verbesserung des Schutzes von Kindern und Jugendlichen

  • Klarstellung dessen was sowieso galt

  • Standardisierung fachlichen Handelns

  • Verbindliche Form interinstitutioneller Zusammenarbeit

  • Sensibilisierung für das Thema Kindeswohlgefährdung

§ 8a Abs. 1 SGB VIII

Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eine Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im zusammenwirken mehrerer Fachkräfte abzuschätzen. Dabei sind die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird. Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Personensorgeberechtigten oder den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(Schutzauftrag des Jugendamtes)

§ 42 Abs. 6 SchulG NRW

„Die Sorge für das Wohl der Schülerinnen und Schüler erfordert es, jedem Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbeziehung des Jugendamtes oder anderer Stellen.“

Voraussetzungen für den Eingriff in die elterliche Sorge:

  • Es lässt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Schädigung prognostizieren

  • Die Schädigung muss künftig drohen

  • Der vermutete Schadenseintritt muss sich definieren lassen

  • und sich mit belegbaren hinreichenden Wahrscheinlichkeit abzeichnen

  • Hinweise dokumentieren!


 

Balanceakt zwischen:

Kindeswohl – Elternrecht

Hilfsangeboten – Schutzanforderungen

Autonomie – Zwang

Prävention – Intervention

Kindbezug – Elternbezug

Konstitutive Merkmale:

  • Handeln in Ungewissheit

  • Mehrdeutigkeit (keine eindeutigen Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge)

  • Ungewissheit lässt sich nicht beseitigen, sondern nur reduzieren durch

  • Organisatorische Vorkehrungen und geeignete Instrumente

AUS: ISA (Institut für soziale Arbeit)

 

Kindeswohlgefährdung in der Schule

Zur Erfassung einer Kindeswohlgefährdung (KWG) ist die Kenntnis von Indikatoren voraussetzend.

 

Indikatoren

Äußere Erscheinung des Kindes

  • Massive, häufig auftretende Verletzungen wie Blutergüsse, Striemen, Knochenbrüche, Verbrennungen ohne erklärbare nachvollziehbare Ursache

  • Starke Unterernährung

  • Schlechte Körperhygiene (Schmutzreste auf der Haut, unbehandelte entzündete Hautoberfläche, faulende Zähne)

  • Mehrfach völlig witterungsunangemessene und verschmutzte Kleidung

     

Verhalten des Kindes allgemein

  • Völlige Distanzlosigkeit und/oder Aggressivität

  • Selbst- und fremdgefährdendes Verhalten

  • Apathisches oder stark verängstigtes Verhalten

  • Äußerungen des Kindes, die auf Misshandlungen, Missbrauch und Vernachlässigung hinweisen

  • Massive Sprachverzögerung ohne medizinische Begründung und ohne entsprechende Förderung

  • Kind hält sich wiederholt zu altersunangemessenen Zeiten ohne Erziehungsperson in der Öffentlichkeit auf

  • Wiederholte oder schwere gewalttätige Übergriffe gegen andere Personen

Verhalten des Kindes im schulischen Kontext

  • Sozialer Rückzug

  • Emotionale Instabilität

  • Massive Schulversäumnisse

  • Drastische, zeitlich anhaltende Veränderungen im

    • Sozialverhalten

    • Arbeitsverhalten

    • Lernverhalten

       

Verhalten von Erziehungspersonen in der häuslichen Gemeinschaft

  • Nicht ausreichende und völlig unzuverlässige Bereitstellung von Nahrung

  • Wiederholte oder schwere Gewalt zwischen den Erziehungspersonen und/oder gegenüber dem Kind

  • Massives Beschimpfen, Ängstigen und Erniedrigen des Kindes

  • Verweigerung der Krankheitsbehandlung

  • Verweigerung der Förderung eines behinderten Kindes

  • Kind wird häufig oder über einen langen Zeitraum unbeaufsichtigt oder in Obhut offenkundig ungeeigneter Personen gelassen/auch ständig wechselnde Betreuungspersonen

  • Verweigerung von Trost und Schutz und Körperkontakt

  • Isolierung des Kindes, z.B. Kontaktverbot zu Gleichaltrigen

  • Gewährung des unbeschränkten Zugangs zu Gewalt verherrlichenden oder pornographischen Medien

  • Häufig berauschte und/oder benommen bzw. eingeschränkt steuerungsfähige Erscheinung der Eltern (Hinweis auf Drogen-, Alkohol- bzw. Medikamenten-missbrauch)

     

Wohnsituation der Familie

  • Obdachlosigkeit

  • Vermüllte, völlig verdreckte oder verschimmelte Wohnung

  • Offensichtlich zu geringer Wohnraum/eigener Schlafplatz für das Kind fehlt

  • Fehlende/defekte Heizung, fehlender Strom, kein fließendes Wasser

  • Nicht artgerechte und gesundheitsschädliche Tierhaltung

  • Fehlen von jeglichem Spielmaterial

     

Soziale Situation des Kindes

  • Isolation der Familie im Wohnumfeld

  • Desintegration in der eigenen Familie

  • Keine Abgrenzung zu anderen Menschen/„Dauerbelagerung“ von Besuchern

  • Existentielle finanzielle Notlage

  • Verschuldung

  • Fehlende Tagesstruktur der Familie (insbes. Tag-, Nachtrhythmus)

     

Handlungsoptionen - Verfahrensabläufe

Informationen sammeln

  • Wahrnehmungen und Beobachtungen kontinuierlich dokumentieren:

    • was ist wann, wie häufig, wo, in welchem Kontext wahrgenommen worden?
      (Hinweis: sachlich notieren, Interpretationen unbedingt vermeiden!)

       

Einschätzung zur Kindeswohlgefährdung gemeinsam vornehmen

  • Aktivierung des Kollegiums

  • Einbezug der Schulleitung

  • Kooperation von Lehrpersonen und pädagogischen Fachkräften der OGS

  • Inanspruchnahme von Fachberatung, z.B. Schulpsycholog(inn)en, Schulsozialarbeiter/innen, spezialisierte Beratungsstellen

Beteiligung der Familie – Schwieriges wirksam zur Sprache bringen

  • Information der Familie über Gefährdungseinschätzung; Konfrontation mit den gewichtigen Anhaltspunkten für eine KWG

  • Ausnahmsweise vertrauliche Thematisierungen mit einzelnen Familienmitgliedern oder Bezugspersonen, wenn der Hilfezugang sonst gefährdet ist

  • Klärung der Situation und gemeinsame Problemkonstruktion

     

Hilfen anbieten/Hinwirken auf Inanspruchnahme von Hilfen

  • wenn ausreichende Kompetenzen vorhanden sind und der eigene Hilfekontext dazu geeignet ist

     

wiederholte Risikoeinschätzung mit dem Kollegium

Information an das Jugendamt

  • Rückmeldung an die Schule vereinbaren

Definition der Risikoindikatoren zur Kindeswohlgefährdung -

Lebenswelt der Familie

Wohnsituation

keine eigene Wohnung/Obdachlosigkeit, zu geringer Wohnraum, gesundheitsgefährdende Wohnbedingungen (z. B. keine Heizmöglichkeiten/kein Strom, nasse, schimmlige Wände, erhebliche Dauerlärmbelästigung), nicht kindgerechte Wohnverhältnisse (z. B. kein Kinderzimmer), desorganisierte Wohnraumnutzung (z. B. Vermüllung, Verwahrlosung), mangelnde Sauberkeit, inadäquate Haustierhaltung, häufige Wohnortwechsel/ Umzüge

Finanzielle Situation

Armut, Einkommen deckt die Basis-Bedürfnisse der Familie nicht ab, Einkommen wird für spezifische Ausgaben verbraucht (z. B. Alkohol, Drogen), so dass materiell die Basis-Bedürfnisse des Kindes nicht abgedeckt werden (können), Schulden, Arbeitslosigkeit

Soziale Situation

Desintegration im sozialen Umfeld (Isolation), keine familiäre Einbindung/Unterstützungsmöglichkeiten, Schwellenängste gegenüber externen Institutionen und Personen (z. B. Kindergärten, Ärzten, Ämtern), Migrationshintergrund, Integrationsprobleme (kulturelle Konflikte), Nicht-Gewährung altersangemessener Freiräume (für die Kinder)

Alltagsbewältigung/Tagesstrukturn

keine verlässliche Tagesstruktur, defizitäre Zusammenarbeit mit professionellen Fachkräften (ErzieherInnen, LehrerInnen),

 

Verhalten der Eltern im Rahmen der Erziehung

Aufmerksamkeit/Zuwendung

Klammerung und Überhütung, Wechsel zwischen Zuneigung und Abstoßung, Verweigerung von Zuneigung und Zärtlichkeit, Verweigerung von Trost

Zuverlässigkeit

kaum Reaktionen auf die Bedürfnisse, unberechenbares Verhalten der Kindeseltern, fehlende emotionale Verlässlichkeit,

Körperkontakt/Bindungsverhalten

Verweigerung von Körperkontakt, fehlende, unsichere oder ambivalente Bindung

Gewalt/Missbrauch

körperliche oder verbale Züchtigung des Kindes (Drohen, Erniedrigen, Schütteln, Schlagen), fehlender Schutz der Intimsphäre des Kindes (Schutz vor sexueller Ausbeutung), Einsperren

Kenntnisse über Entwicklung

mangelnde Kenntnisse über den altersgerechten Umgang mit und den Anforderungen an Kindern, fehlende Erfahrung, Nicht-Erkennen von Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen

Kommunikation

gestörte Interaktion zwischen dem Kind und dem Elternteil/den Elternteilen, Nicht-Wahrnehmung von kindlichen Bedürfnissen, keine oder grobe Ansprache des Kindes, aggressiver Umgangston, herabsetzender Umgang (Degration), „Schimpfen“

Über-/Unterforderung des Kindes

Überforderung durch zu große Verantwortungsbelastung, Instrumentalisierung des Kindes bei Beziehungs-, Trennungs- und Scheidungsproblemen, keine Förderung (Stimulierung), fehlende altersentsprechende Anregungen

Regel-/ und Grenzsetzungen

unzureichende willkürliche Grenzsetzungen, inkonsequenter Umgang mit dem Kind, fehlende Grenzsetzungen, starre Grenzsetzungen,

Sichtweise auf das Kind

Schuldzuweisungen, fehlende seelische Wertschätzung, Ablehnung des Kindes, als schwierig empfundenes Kind

 

Merkmale der Eltern

Psychische Erscheinung

psychische Erkrankungen, Suizidalität, Selbstzerstörerisches Verhalten, schwach ausgebildete soziale und intellektuelle Kompetenz

Körperliche Erscheinung

schlechter Allgemeinzustand, Verletzungen, körperliche/somatische (chronische) Erkrankungen, körperliche, geistige oder seelische Behinderung

Suchtmittelgebrauch

Suchtmittelmissbrauch (Zigaretten, Alkohol, Medikamente, Drogen),

Belastbarkeit

mangelnde Leistungsfähigkeit, Probleme in der Alltagsbewältigung, fehlende Ausdauer

Eigene Gewalterfahrungen

Deprivationserfahrungen, traumatisierende Lebensereignisse (Verlust eines Angehörigen, Unglück etc.)

Umgang in der Partnerschaft

Konflikte, Gewalt in der Partnerschaft



 

Grundversorgung des Kindes

Ernährung

alte oder verdorbene Nahrung, nicht altersgemäße Nahrung, zu wenig Nahrung, mangelnder Vorrat an Nahrung, unsaubere Nahrung, mangelnde Hygiene des Ess- und Kochgeschirrs, unregelmäßiges und nicht zuverlässiges Essen und Trinken,

Kleidung

witterungsunangemessene Kleidung (mangelnder Schutz vor Hitze oder Kälte, Sonne oder Nässe), dreckige, beschädigte oder nicht passende (zu enge, zu kleine) Kleidung, ungepflegter Zustand

Körperpflege

unregelmäßiges oder zu seltenes Wickeln, langes Belassen in durchnässten oder eingekoteten Windeln, unregelmäßiges oder sehr seltenes Waschen und Baden, Schmutz auf der Haut des Kindes, fehlende Zahnhygiene, erkrankte oder verdorbene Zähne, unbehandelte entzündete Hautoberflächen oder Wunden, ungepflegter Zustand

Aufsichtspflicht/Betreuung

fehlende Aufsicht (z.B. auf dem Wickeltisch, in der Badewanne, beim Spiel im Freien), Überlassung der Aufsicht an fremde Personen, Kleinkind allein in der Wohnung, Kinder nachts allein lassen, häufiger Wechsel der Betreuungspersonen

Schutz vor Gefahren

fehlende Beseitigung von Gefahren im Haushalt (defekte Stromkabel oder Steckdosen, Zugänge zu Alkohol/Medikamente, Herumliegen von „Spritzbesteck“), aktive Bedrohung des Kindes durch Erwachsene oder andere Kinder

Schlafsituation

kein eigener Schlafplatz für das Kind, beengter Schlafplatz, fehlendes Bett oder fehlende Matratze/Decken, nicht geregelter Tag-Nacht-Rhythmus,

Spielmöglichkeiten

karge oder nicht ausgestattete (Spiel-)Räume für das Kind, fehlender Bewegungsraum, Fehlen von Spielzeug, Fernsehen als einziges Angebot

Medizinische Versorgung

Nicht-Wahrnehmung der Vorsorgeuntersuchungen oder notwendiger Impfungen, Nicht-Erkennen bzw. Nicht-Behandeln von Krankheiten, Verweigerung bzw. Versäumen von notwendigen Medikamenten, Fehlen eines Hausarztes, keine Krankenversicherung, unbehandelte (chronische) Krankheiten, häufige Krankenhausaufenthalte, fehlende Sicherung der Zahngesundheit

 

Entwicklungsstand des Kindes

Sprachliche Entwicklung

Sprachstörungen/-auffälligkeiten (unverständliche Sprache, Babysprache, Stottern, Stammeln)

Kognitive Entwicklung

geistige Behinderung

Körperliche Erscheinung

motorische oder sensomotorische Entwicklungsauffälligkeiten, (zu) geringes Gewicht, Zeichen von Über- und Fehlernährung (Unter-/Übergewicht), Auffälligkeiten im Wachstum, Zeichen von Verletzungen beim Kind (Hämatome, Striemen, Narben, Knochenbrüche, Verbrennungen),

Gesundheitliche Situation

schlechter Allgemeinzustand, Allergien, körperliche Behinderung,

Psychische Erscheinung

psychische Auffälligkeiten

Adäquates Verhalten

auffälliges Sozialverhalten, Jaktationen/Hospitalismus (Schaukelbewegungen) des Kindes, Schreikind, Nähe-Distanz-Problematik, Isolation, Delinquenz, Frustrations-Aggressionsverhalten, autoaggressive Verhaltensweisen

Institutionelle Anbindung

unregelmäßiger bzw. punktueller Besuch (Kindergarten, Schule)

 

Nein darf sein

Sexuelle Prävention- eine regelmäßige Veranstaltung an unserer Schule

(Konzeption: Kurzfassung: Nein darf sein!, vgl. Kinderschutzbund Coesfeld)

Sexueller Missbrauch – Definition und grundlegende Aspekte

Das Unfassbare greifbar machen - Sexueller Missbrauch – eine Definition

Es gibt zahlreiche Definitionen zum Themenkomplex „sexueller Missbrauch“. Es wird unterschieden zwischen sexualisierter Gewalt, sexueller Kindesmisshandlung, sexueller Gewalt und sexuellem Übergriff, um nur einige Begrifflichkeiten zu nennen. Ebenso wie die verschiedenen Bezeichnungen richten sich die Definitionen an verschiedene Adressaten.

Im Folgenden ist eine Definition von Ursula Enders angeführt:

„Sexuelle Gewalt ist immer dann gegeben, wenn ein Mädchen oder Junge von einem Erwachsenen oder älteren Jugendlichen als Objekt der eigenen sexuellen Bedürfnisse benutzt wird. Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer kognitiven und emotionalen Entwicklung nicht in der Lage, sexuellen Beziehungen zu Erwachsenen und älteren Jugendlichen wissentlich zuzustimmen. Fast immer nutzt der Täter (die Täterin) ein Macht- oder Abhängigkeitsverhältnis aus. Auch wenn ein Mädchen oder Junge sich aktiv beteiligt, die Verantwortung für den sexuellen Missbrauch liegt immer bei den Erwachsenen.

Der Erwachsene/ ältere Jugendliche zwingt das Kind zur Geheimhaltung, oft mittels Drohung.“

(aus U. Enders (Hg. in): Zart war ich, bitter war’s, S. 19, Kiepenheuer und Witsch, 1997)

 

Resultierende Kernelemente der Definition

 

Grenzen

Im Laufe der Sozialisation bestimmt jedes Individuum in verschiedenen Lebensbereichen seine Grenzen. Die Ausformungen sind besonders im Zusammenhang mit Sexualität durchaus unterschiedlich. Eine Kategorisierung von sexueller Gewalt ist dadurch für Außenstehende sehr schwierig. In manchen Familien ist es üblich, dass sämtliche Familienmitglieder sich nackt sehen, was in anderen Familien undenkbar wäre. Ausschlaggebend ist das subjektive Empfinden des Kindes. Verlässt ein Erwachsener bspw. nicht das Badezimmer, obwohl das Kind das möchte, beginnt hier die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung des Kindes. Die Überschreitung dieser Grenze erfolgt nicht „aus Versehen“ sondern wissentlich gegen den Willen des Kindes.

 

Macht und Abhängigkeit

Ein Erwachsener ist einem Kind immer überlegen.

Sexueller Missbrauch inkludiert immer einen Machtmissbrauch. Der, in der Regel, männliche Täter befriedigt seine Dominanz- und Herrschaftsbedürfnisse.

Die immanenteste Form der Machtausübung erfolgt durch sexuelle Gewalt.

 

Vertrauen/ Zuneigung

Häufig besteht eine Verbindung zwischen Täter und Opfer, die nicht selten durch Vertrautheit und Zuneigung gekennzeichnet ist. Dieses Vertrauen wird von den Tätern missbraucht und bildet dadurch für die Betroffenen eine unüberwindbare Hürde.

 

Geheimhaltung und Drohungen

Der bedeutsamste Aspekt des Missbrauchs ist die Geheimhaltung, die den Vertrauensmissbrauch, die Abhängigkeit und das starke Machtgefälle zwischen Täter und Opfer erst möglich macht. Der Täter schließt mit dem Kind einen „Geheimbund“. Bei massiveren Übergriffen und wenn das Kind älter wird folgen Drohungen, die sich gegen das Opfer, die Familie oder sogar den Täter richten.

Bsp.: „Wenn du unser Geheimnis erzählst, wird Mama krank und ich komme ins Gefängnis!“

 

Dynamik von sexuellem Missbrauch

Bei sexuellem Missbrauch handelt es sich um ein inszeniertes Geschehen. Dies bedeutet, dass der Missbrauch vorbereitet ist, sich unbemerkt einschleicht und sich bis hin zur oralen, analen oder vaginalen Vergewaltigung steigern kann. Die Anfänge eines Missbrauches zu erkennen und zu deuten ist sehr schwierig. Der Täter nutzt das Vertrauen der Opfer und versucht Situationen zu arrangieren, in denen er das Opfer missbrauchen kann. Die scheinbare Billigung dieser Handlungen durch die Umwelt ist für das Kind die Bestätigung, dass die Taten gerechtfertigt und gesellschaftlich/ familiär anerkannt sind. Der Täter versucht das Kind zu isolieren, bestehende Vertrauensverhältnisse werden gestört. Das Kind gelangt immer tiefer in den „Geheimbund“ und kann sich immer schwerer anderen gegenüber öffnen und von den Übergriffen berichten.

Dieses Konstrukt zu erkennen ist selbst für die leibliche Mutter nicht einfach. Das Kind reagiert mit Sprachlosigkeit, Ohnmachtsgefühlen, Schuld- und Schamgefühlen, Angst, Zweifel und Rückzug. Diese Reaktionen sind nicht offensiv, sondern eher passiv und können leicht übersehen werden. Außerdem stehen Täter und Mutter meist in einer sozialen Verbindung, die entweder durch gesellschaftliche oder ökonomische Abhängigkeiten getragen ist.

Häufig wird im Zusammenhang auf die Entstehung von sexuellem Missbrauch der „Lolita-Mythos“ angeführt. Dieser besagt, dass der sexuelle Übergriff auf Wunsch des Kindes stattgefunden hat. Dies ist absolut falsch, denn Kinder tragen für das Geschehene keine Verantwortung, diese liegt einzig und alleine beim Täter.

 

Betroffene

Erschreckend ist die Anzahl der Mädchen und Jungen, die Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen gemacht haben. Aus einer Erhebung von Dirk Bange geht hervor, dass 25% der Frauen und 10% der Männer in ihrer Kindheit sexuellen Missbrauch erlebt haben (Bange, Die dunkle Seite der Kindheit – Sexueller Missbrauch an Jungen und Mädchen – Ausmaß, Hintergründe, Folgen, 1992).

Weiterhin beunruhigend ist, dass nur etwa jeder 15. bis 20. Übergriff zur Anzeige gebracht wird.

Kinder sind in keiner Altersstufe vor sexuellen Übergriffen sicher.

Am stärksten betroffen sind Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren. Allerdings schrecken die Täter selbst vor Säuglingen und Kleinkindern nicht zurück.

 

Täter/Innen

Die Täter sind zum größten Teil männliche Erwachsene (80-90%).

Sexueller Missbrauch wird natürlich auch von weiblichen Täterinnen vollzogen. Dieses Thema obliegt allerdings einer noch stärkeren Tabuisierung, somit gibt es hier keine verlässlichen Zahlen.

Zwei Vorurteile, die sich hartnäckig in der Gesellschaft halten:

„Der böse Mann hinter dem Busch!“

Wie bereits erwähnt kommen die Täter in der Regel aus dem engeren Bekanntenkreis oder aus der Familie. Sexueller Missbrauch ist keine einmalige Sache. Durch den intensiven Kontakt mit / in der Familie kann der Täter sein Konstrukt erstellen und genügend Einfluss auf das Opfer ausüben.

Erwachsene Vertrauenspersonen wie bspw. im Sportverein, in der Jugendgruppe oder in der Schule stellen ebenfalls einen großen Teil der Sexualstraftäter.

Dies soll aber nicht bedeuten, dass es keine sexuellen Übergriffe auf der Strasse gibt.

„Die Täter sind doch asozial und gehören in die Klapse!“

Der TäterInnen sind nicht verlässlich an irgendwelchen Merkmalen zu bestimmen. Sie kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten.

 

Warum Prävention in der Grundschule?

Prävention sexuellen Missbrauchs in den Grundschulen ist aus verschiedenen Gründen effektiv, sinnvoll und notwendig.

Die Gefahr, Opfer sexuellen Missbrauchs zu werden, besteht zwar in jedem Alter, am häufigsten sind jedoch Kinder vom Vorschulalter bis zu Beginn der Pubertät betroffen.

Die Schule stellt eine zentrale Erziehungsinstanz in unserer Gesellschaft dar. Die Schule ist auch ein Ort, an dem Jungen und Mädchen einen großen Teil des Tages verbringen.

Lehrkräfte sind im Leben der Kinder oftmals die nächsten Vertrauenspersonen außerhalb des Familiensystems. Dies ist besonders wichtig, da der größte Anteil von sexuellem Missbrauch innerhalb des sozialen Nahraums der Mädchen und Jungen stattfindet. Finden die Kinder in ihren Lehrern und Lehrerinnen hinsichtlich sexuellen Missbrauchs kompetente Unterstützer, fällt es ihnen leichter, sich ihnen anzuvertrauen.

Von großer Bedeutung ist es, Kindern im Grundschulalter eine Sprache zu geben, die darauf zielt, wahrgenommene Emotionen deutlich zum Ausdruck zu bringen zu können.

Die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls sowie der Erwerb von sozialen Kompetenzen und konstruktiven Lösungsmustern (Hilfe holen, sich wehren können) stellen weitere wichtige Faktoren im Rahmen der präventiven Arbeit in Hinsicht auf sexuellen Missbrauch dar und sollten deshalb regelmäßig im Lehrplan ihren Platz finden.

Hinzu kommt, dass Kinder nur durch regelmäßige Wiederholung der Übungsinhalte präventive Maßnahmen über einen längeren Zeitraum hinweg verinnerlichen, auf reale Situationen übertragen und sich so auch gegen Übergriffe wehren können bzw. sich Hilfe holen.

Somit haben wir die präventive Arbeit mit den Mädchen und Jungen im Erziehungsalltag unserer Grundschule fest verankert.

 

Die Involvierung der Lehrkräfte

Um Kinder vor sexuellem Missbrauch schützen zu können, müssen in erster Linie Erwachsene umfassend über das Thema „Sexueller Missbrauch“ informiert werden. Informierte und sensibilisierte Lehrkräfte erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Anzeichen auf einen Missbrauch schon im Vorfeld richtig gedeutet bzw. Übergriffe möglichst schnell beendet werden.

Für Lehrpersonen ist besonders der folgende Punkt von Bedeutung:

Der Umgang mit dem Thema sexueller Missbrauch löst Emotionen aus. Lehrkräfte sollten betroffenen Kindern die Botschaft vermitteln, dass sie Hilfe erhalten. Deshalb müssen nonverbale Botschaften der Lehrkraft, die Erschrockenheit und Angst vor dem Thema signalisieren können, vermieden werden.

Daher ist es für Lehrpersonen wichtig, sich vor der Arbeit mit Dritten mit folgenden Punkten auseinander zu setzen:

Eigenreflexion der Biographie

Ist die Lehrkraft zum jetzigen Zeitpunkt bereit, sich mit dem Thema zu befassen?

Ist sie emotional aufgrund ihrer eigenen Biographie belastet und wenn ja, fühlt sie sich der Aufgabe gewachsen, und welche Hilfe kann sie in Anspruch nehmen.

 

Rollenreflexio

Wir leben in einer Welt, in der Gewalt gegen Kinder und Frauen tagtäglich Realität ist.

Der Umgang damit und die daraus resultierenden stereotypen Rollenbilder als Mann und Frau müssen hinterfragt werden.

Dabei spielt insbesondere die Vorbildfunktion der Lehrkraft eine wichtige Rolle.

 

Das System Schule und die Rolle der Lehrkraft

Schule ist ein auch autoritär geprägtes System, das durch Notenvergabe kognitive Leistungen bewertet.

Die Lehrkraft hat somit eine Machtposition. Gleichzeitig besteht jedoch auch eine emotionale Beziehungsebene zwischen Lehrkraft und Schülern.

Deshalb sollten hemmende und fördernde Eigenschaften des Lehrers für den Lernprozess der Schüler bewusst gemacht und hinterfragt werden.

Um diese drei wichtigen Bausteine zu bearbeiten, füllen die Lehrpersonen einen Fragebogen aus. Dieser besteht aus Fragen zur Reflexion der Rolle als Lehrkraft, Reflexion der Geschlechterrolle und der Reflexion eigener Gewalterfahrungen.

Die Wieschhofschule über die Schulkonferenz entschieden, sexuelle Prävention fest über die OJA in die Jahresplanung der Schule zu integrieren:

 

Nein darf sein!“

Ein Programm, um Kinder stark zu machen

 

Die Gruppierung

 

Entstehung

Im Jahr 2005 ist die Grundschule Herbern an die MitarbeiterInnen der Offenen Jugendarbeit Ascheberg e. V. heran getreten und hat sich informiert, ob sie Kenntnisse zum Thema „Sexueller Missbrauch an Kindern“ besitzen bzw. kostengünstige Präventionsangebote durchführen oder vermitteln können.

Nachdem mehrere Beratungsstellen kontaktiert wurden, beschlossen die MitarbeiterInnen der Offenen Jugendarbeit Ascheberg e. V., sich und andere motivierte Pädagoginnen aus dem Kinder- und Jugendbereich im Kreis Coesfeld in diesem themenspezifischen Bereich ausbilden zu lassen, um das bestehende Angebot des Kreises Coesfeld sinnvoll zu erweitern und zu ergänzen. Gerade das sensible Thema des sexuellen Missbrauchs bedarf eines breiten qualifizierten Angebots, um möglichst viele Kinder zu erreichen und zu stärken. Die interessierten Fachkräfte organisierten deshalb in Kooperation mit dem Deutschen Kinderschutzbund Wuppertal e. V. eine Fachtagung, die sehr umfangreich und äußerst kompetent durchgeführt wurde. Im Zuge der Konzepterstellung entstand der Projekt-Name: „Nein darf sein“ – Ein Programm, um Kinder stark zu machen.

 

MitarbeiterInnen

Die sexuelle Präventionsmaßnahme wird durchgeführt mittels kompetenter MitarbeiterInnen der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Kreis Coesfeld. Alle TeilnehmerInnen besitzen eine fundierte pädagogische Ausbildung bzw. langjährige Erfahrung im Kinder- und Jugendbereich.

Ergänzend zum Sexualkundeunterricht in der Schule bietet dieses Projekt folgende Vorteile:

  • Die Schulungsinhalte sind themenbezogener, intensiv und gehen spielerisch „auf Samtpfötchen“ ins Detail.

  • Unterricht im eigentlichen Sinne findet nicht statt. Die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten werden atmosphärisch gestaltet, erlebnisorientierte Unterrichtsmaterialien werden eingesetzt.

  • Unabhängig von Bewertung und Notenvergabe haben die OJA-Mitarbeiter als außenstehende Gruppe, anders als der Klassenlehrer, die Möglichkeit, mit der nötigen Distanz mit den Kindern zu arbeiten.

  • Eltern und LehrerInnen erhalten zusätzlich detaillierte themenspezifische Informationen im Rahmen eines Eltern- /Lehrerabends, der ebenfalls durch die Mitarbeiter der OJA durchgeführt wird.

  • Bei Bedarf verfügen die Veranstalter über Verweisungswissen an zuständige Beratungsstellen und Hilfsorganisationen.

  • Das Angebot fundiert auf einer zertifizierten Fortbildung des Deutschen Kinderschutzbundes Wuppertal e.V.

     

Rahmenbedingungen

Baustein/Angebot

Zeitlicher Umfang

Kosten

Kontaktaufnahme zur Schule

Vor- und Nachbereitung mit Lehrerkollegium bzw. Klassen-leitung

 

Ca. 2 USt bzw. nach Absprache

 

 

Vorbereitender Elternabend

2-3 USt

 

Projektarbeit mit den Kindern im Klassenverband

2 x 4 USt. im Abstand von max. einer Woche

Bei Gewährung der Landes- und Kreismittel:

100,00€ / Klasse.

 

Die Projektarbeit mit den Kindern steht zeitlich im Mittelpunkt, ihre Fähigkeiten und Energien sollen aufgegriffen werden. Der Elternabend dient der Information und Aufklärung der Eltern. Die Arbeit mit Lehrern ist wichtig, damit das Thema weiter im Schulalltag behandelt werden kann. Lehrer sollen für evtl. Signale der Kinder sensibilisiert werden.

 

Präventive Arbeit mit Eltern/Bezugspersonen

Für ein sinnvolles Präventionsprogramm mit Kindern ist es erforderlich, vorab eine Sensibilisierung von Eltern bzw. Bezugspersonen für diese Maßnahme zu erreichen.

Daher ist eine grundlegende Informationsveranstaltung für die Erwachsenen mit folgenden Aspekten wesentlich:

 

Informationen zum Thema sexueller Missbrauch

Dazu gehören Definition, Dynamik, Betroffene, TäterInnen, Ausmaß und Folgen von sexuellem Missbrauch an Kindern.

 

Informationen zur Prophylaxe

Die Eltern sollten genaue Informationen über den Ablauf und die Inhalte des geplanten Präventionsprogramms für Kinder erhalten. Zur Orientierung erhalten sie das Arbeitsblatt: „Wie Sie Ihr Kind vor sexuellem Missbrauch schützen können...“

Darüber hinaus erhalten sie wesentliche Informationen zur Arbeit an einer „präventiven Erziehungshaltung“, die Kinder stark für das Leben machen. In diesem Zusammenhang werden die Eltern darauf aufmerksam gemacht, dass ein Erziehungsklima, in dem Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit und Autonomie gefördert werden, vorbeugende Aspekte beinhaltet. Dazu gehört, dass sowohl die Gefühle ihres Kindes als auch seine Grenzen und sein „Nein- sagen“ respektiert werden.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema „sexueller Missbrauch“ löst bei Eltern bzw. Bezugspersonen häufig Ängste aus und kann zu Unsicherheiten im Verhalten gegenüber ihrem Kind führen. Daher ist das Gespräch über das Bedürfnis von Kindern nach Zärtlichkeit und Körperkontakt wichtig. Hierbei ist es notwendig, ein Gespür für die Grenzen und Signale der Kinder zu entwickeln, zu tolerieren und

einzuhalten. Es ist bedeutsam den Eltern zu vermitteln, dass unabhängig vom Verhalten des Kindes, immer die Erwachsenen die Verantwortung tragen, wenn es um die Einhaltung von Grenzen geht.

Die Thematisierung und das Hinterfragen der eigenen Geschlechtsrolle bzw. typischen Rollenerziehung von Mädchen und Jungen könnten dazu beitragen, positive Verhaltensänderungen in Gang zu bringen.

 

Informationen zur Intervention

(Aliochin, K. & Hillebrand, M., Praxisbaustein: Kurzinformation zu einem Elternabend, Wildwasser Nürnberg e.V., 2002)

Wichtig ist die Vermittlung von Kontaktadressen mit Hilfe von Faltblättern. Als Orientierung erhalten die Eltern Arbeitsblätter mit den Themen: „Was können Sie tun, wenn Sie von einem sexuellen Missbrauch hören?“, „Kinder stark machen- sexuellem Missbrauch vorbeugen.“ Ein Büchertisch wird aufgebaut, weitere Materialien werden ausgelegt.

 

Ziele der Präventionsarbeit mit Mädchen und Jungen

Folgende zentrale Zielsetzungen sind in verschiedenen Präventionsprogrammen (Suchtprävention, Schutz vor sexuellem Missbrauch) von Bedeutung:

  • Förderung von Autonomie, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl

  • Förderung eigenständiger Wahrnehmung und Artikulation

  • Förderung von Konfliktfähigkeit

  • Erarbeitung von Handlungs- und Hilfsmöglichkeiten

Die Präventionsarbeit zum Thema „sexueller Missbrauch“ umfasst einen spezifischen Themenbereich. Dazu gehören altersgemäße Informationen über sexuellen Missbrauch sowie das Gespräch über Sexualität, eigene Gefühle und Grenzen. Es muss berücksichtigt werden, dass es in diesem Zusammenhang zur Aufdeckung von sexueller Gewalt kommen kann.

Kindern muss dabei vermittelt werden, dass im Falle des Missbrauchs immer der Erwachsene verantwortlich ist und sie keine Schuld trifft - selbst wenn sie durch ein Präventionsprogramm bereits geschult und sensibilisiert wurden.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass das Präventionsprogramm mit seinen Zielsetzungen keine einmalige Maßnahme darstellen, sondern regelmäßig mit verschiedenen Bezügen wiederholt werden sollte, so dass Mädchen und Jungen in die Lage versetzt werden, die Thematik zu verinnerlichen und bei Bedarf Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

 

Themen der Präventionsarbeit mit Kindern

Zu den wesentlichen und notwendigen Themen gehören:

  • Mein Körper gehört mir; meine Grenzen sollen respektiert werden; Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen.

  • Meine Gefühle stimmen immer; ich kann mich auf mein Gefühl verlassen; es gibt komische, seltsame und unangenehme Gefühle und auch diese stimmen; ich habe ein Recht so zu empfinden.

  • Berührungen, es gibt schöne aber auch unangenehme und komische Berührungen; Berührungen, die dir unangenehm sind, darfst du verweigern.

  • Geheimnisse: schöne Geheimnisse machen Spaß; Geheimnisse, die dir Angst machen solltest du unbedingt erzählen; dazu hast du ein Recht, auch wenn dich jemand bedroht, es nicht zu erzählen.

  • Kinderrechte: ich habe als Kind das gleiche Recht auf körperliche Unversehrtheit, Erwachsene dürfen mir nicht wehtun.

  • Altersentsprechende Sexualaufklärung: Sexualität gehört zu den menschlichen Bedürfnissen; es gibt verschiedene Ausprägungen; in keinem Fall darf es gegen den Willen eines Beteiligten gehen.

  • Nein sagen: Kinder dürfen zu den Anforderungen von Erwachsenen auch Nein sagen; besonders wenn sie ein „Nein-Gefühl“ haben ist es richtig, sich zu wehren; Widerstandsmöglichkeiten (körperlich und verbal) aufzeigen.

  • Hilfe holen: ich darf mir Hilfe suchen und über meine schlechten Gefühle und Geheimnisse sprechen, auch wenn es mir jemand verboten hat; ich erzähle davon, bis mir jemand glaubt.

  • Informationen über Hilfsangebote: die Kinder bekommen Adressen an die Hand, wo sie sich Hilfe holen können.

Die schulische Konzeption beinhaltet die „OJA“-Konzeption, die sich auf folgende Literatur stützt:

  • Aliochin, K. & Hillebrand, M., Das kleine 1x1 in Mathe plus das große

1x1 für den Schutz vor sexuellem Missbrauch – Ein didaktischer Leitfaden mit Praxiseinheiten für Lehrkräfte an Grundschulen, Wildwasser Nürnberg e.V., 2002

Weitere Literatur:

  • Enders, U. (Hg.), Zart war ich, bitter war´s, Kiepenheuer und Witsch, 1997

  • Bange, D., Die dunkle Seite der Kindheit – Sexueller Missbrauch an Mädchen und Jungen – Ausmaß, Hintergründe, Folgen, 1992

 


 

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